Ankunft und Abschied

Ankunft und Abschied

Jens Hoff-Gedächtnisausstellung

Ankunft und Abschied lautet der Titel der mehrteiligen Ausstellung anlässlich des aus Hamburg stammenden, in Hannover arbeitenden und Ende 2018 verstorbenen Malers Jens Hoff. Das vom Kunstverein Kunsthalle Hannover e.V. in Kooperation mit der Galerie Holbein 4 und dem Kunstkreis Laatzen organisierte Projekt will das umfangreiche Werk des in Hannover wenig bekannten Künstlers in drei weitestgehend parallelen, aufeinander abgestimmten Ausstellungen einer größeren Öffentlichkeit zugänglich machen, beginnend mit einer Werkschau in der Kunsthalle Faust und speziellen Sujet-Themen an den weiteren Ausstellungsorten.In den groß- und mittelformatigen Ölbildern, Aquarell- und Tusche-Zeichnungen wird die virtuose Fähigkeit des Künstlers deutlich, seine genaue Beobachtungsgabe auf die Erschaffung berührender Portraits und figürlicher Darstellungen ebenso anzuwenden, wie auf Objekte und Landschaften, und diese in einen weitestgehend abstrakt gestalteten Farbraum auszudehnen. So scheint in der Malerei von Jens Hoff immer der Anspruch auf eine Auflösung von Grenzen und die Vereinigung von Gegensätzlichem mitzuschwingen. Dieser Eigentümlichkeit trägt auch der gewählte Ausstellungstitel Ankunft und Abschied Rechnung. Er ist dem Titel eines Bildmotivs entlehnt, das sich ebenso wie viele weitere Bildmotive des Künstlers aus seinen weitgespannten Interessen ableiten lässt, die gleichermaßen Film, Musik, Malerei und Literatur einschließen.

www.jenshoff.com

 

“Die Malerei von Jens Hoff verbindet in souveräner Weise formale und inhaltliche Gegensätze. In seinen Bildern harmonieren abstrakte und gegenständliche Strategien, finden Fakt und Fiktion, Traum und Wirklichkeit zusammen. Die dialektische Bewegung im Inhaltlichen bestimmt das Gemälde ebenso im Formalen. Einerseits zitiert die kompetente Ölmalerei des Künstlers in ihrer Gegenständlichkeit die illusionistischen Widerspiegelungs-Ideale der Vergangenheit. Andererseits ist das Werk mit seiner Beschränkung auf zwei, drei Farben absolut antirealistisch und im höchsten Maße artifiziell. Das trifft auch auf seine formale Reduktion, seine Größenverhältnisse und Perspektiven zu. Das Bild ist eher flach als räumlich gemalt. Darin folgt es dem Wahrheitsanspruch der Moderne, den der amerikanische Kunsttheoretiker Clement Greenberg mit Blick auf die abstrakten Expressionisten seiner Zeit, wie folgt, formuliert hat: ‘Make it flat!’ Flach malen! Dem Betrachter kein X für ein U vormachen! Ein Bild ist ein Bild ist ein Bild!

Die Wirklichkeit ist etwas Anderes. Sie will in der Kunst in symbolischer Weise erfasst werden. Zu dieser symbolischen Transformation der Wirklichkeit gehört, dass der Künstler ihren Anschein durchdringt und sich sein eigenes Bild von ihr macht. Zugleich erinnern die unterschiedlichen Bilder von derselben Person an den Vortrag des Aristophanes, den dieser im ‘Gastmahl’ des Platon über die Entstehung der Liebe hält. Er berichtet, dass in uranfänglichen, seligen Zeiten die Menschen Kugelgestalt besessen hätten. Solcherart vollkommen, vergaßen sie, den Göttern zu opfern. Diese, erzürnt, spalteten sie, und seitdem sind die Menschen auf der Suche nach ihrer fehlenden Hälfte. Überhaupt die Vorstellung des Paradieses im Werk von Jens Hoff! Es ist ohne den Teufel nicht zu haben. Wenn der Maler sich die Eva aus dem ‘Paradies’ (1530) von Lucas Cranach d.Ä. ausleiht, wird sie in seinem Werk von einem schwarzen Ungeheuer bedroht, das von Bild zu Bild erkennbarer wird. Gefährlich und zugleich seltsam beschützend erscheint das Monstrum in einem Gemälde des Künstlers, dessen Protagonistin Hoff nach einem der jungen Mädchen des von ihm hoch geschätzten Schriftstellers und Malers Henry Darger modelliert hat. Seinem Bild hat er denselben Titel gegeben wie der nordamerikanische Künstler seinem eigenen Werk: ‘Jenny Is Wounded’. Bedrohlich, wenn auch etwas ermattet, taucht das Ungeheuer auch in Jens Hoffs Gemälde ‘Fischer’ auf. In gewisser Weise ist der ein Alter Ego des Künstlers. Wie dieser nach Fischen taucht, sucht Hoff nach immer neuen Erzählstoffen, in denen er sich malend der Welt versichert.”

(Text: Michael Stoeber)